Auf dem Geburtstag einer Freundin wurde zu heiterer Stunde ein Gläschen Ingwerlikör angeboten. Wow, was für ein feuriger Ingwergeschmack! Zu der Zeit arbeiteten wir an einer ersten eigenen Lakritzrezeptur mit Ingwer, hatten aber noch nicht das passende Ingweraroma gefunden, welches dem starken Eigengeschmack des Lakritzes standhalten konnte. Und nun dieses Likörchen: wer macht denn sowas Feines?
Die Preußische Spirituosen Manufaktur in Berlin, kurz PSM. Also auf nach Wedding mit der Frage, ob kadó zukünftig das Ingweraroma von diesem Likör für die Lakritzherstellung beziehen könnte?Herr Schroff, Destillateur des Hauses und mit Prof. Stahl Inhaber der Schroff&Stahl GbR, zeigte mir "seine" Welt. Ein Labor mit der Atmosphäre von Wissen und Handwerk.
Beeindruckend und schön sind die 140-jahre alten Arbeitsgeräte, Kupferkessel, Anlagen. Jede Schraube ist handgedreht, jedes Glasfensterchen und jede Glasglocke mundgeblasen. Getränke, die erst mit der Nuance von Barrique vollendet sind, werden in Eichenfässern aus dem Spessart gelagert, z.B. deutscher Whisky. Daneben Fässer aus Steingut, in denen sich der angesetzte Schnaps nicht weiter in Farbe und Geschmack verändern soll, z.B. bei Gin. Bis heute wird mit dieser Ausstattung gearbeitet und auf Qualität gesetzt. Beides erfordert Fingerspitzengefühl.
Hier wird auch das Ingweraroma hergestellt. Am Anfang steht die Suche nach der geeigneten Ingwerwurzel. Die Gesuchte mit der speziellen Schärfe wird aus China importiert und in großen Säcken trocken im Labor angeliefert. Dort werden die Wurzeln in kleine Stücke geschnitten, schließlich durch eine Art Fleischwolf gedreht, damit die Fasern freiliegen. Damit diese Fasern ihr Aroma abgeben, ruhen sie mindestens 6 Wochen lang in einer kalten Alkohollösung. Dieses Extraktionsverfahren heißt Mazeration. Es sorgt dafür, dass die wesentlichen Farb-, Geschmacks- und Wirkstoffe aus der Ingwerwurzel herausgelöst werden. Mittels eines Tonikums wird das trübe Ingwerextrakt gefiltert. Nun ist es fertig, klar, scharf, konzentriert.
Jetzt beginnt der kadó-Job. Mit dem Ingwermazerat reiste ich zu einem Lebensmitteltechnologen in Deutschland und verbrachte dort 3 Tage mit gemeinsamen Lakritzkochen. Herrlich! Ich war Smutje und durfte assistieren. Es wurden ca. 2 kg Grundmasse Lakritz gekocht, die dann portioniert und unterschiedlich aromatisiert wurde. Alles haarklein notiert und gewogen, die Pinzette für Milligramm-Mengen ist allerdings nichts für grobe Finger. Zack, schon versalzen, bzw. total verschärft in diesem Fall. Das erlaubt die Lebensmittelvorschrift nicht und ab - in die Tonne! Der Smutje war disqualifiziert und der Chef vollendete allein. Kostet alles Wareneinsatz, Zeit und Geld, mal nebenbei erwähnt. Die heiße Lakritzmasse wird in die vorbereiteten Stärketabletts gegossen. Das muß zügig passieren bevor sie im Trichter erkaltet. Nun muß das Lakritz 1-2 Tage ruhen bevor es im letzten Schritt umstreuselt wird. Fertig ist das Ingwerlakritz in Handarbeit. Sehen Sie hier die einzelnen Schritte der Ingwerlakritzherstellung in Bildern.
Mit dem Einzug der neuen Sorte ins kadó-Sortiment wurden größere Mengen benötigt als das Labor fertigen könnte. Es musste ein passender Lakritzkocher gefunden werden, der "nur" 250kg kochen kann. In Belgien wurden wir fündig. Der Familienbetrieb in 4. Generation produziert qualitative Süßwaren und ab heute auch unsere kadó-Ingwerkarees!